Niko Rode

Ziemlich eine guade Geschichte: Ich kenne den Niko schon seit er 10 war. Damals, 1.Klasse Unterstufe, war ich seine Englischlehrerin. Das war mein letztes AHS-Unterrichtsjahr, bevor ich dann andere Projekte in Angriff nahm. 

Knapp 6 Jahre später, Dezember 2018, sind Niko und ich am selben Konzert: Jugo Ürdens im Fluc. Ich habe ihn allerdings nicht mehr erkannt, und er sagte mir, dass er sich auch nicht 100% sicher war. Ja…ich mein, ich find zwar, ich hab’ mich jetzt wesentlich weniger verändert als er, gell, aber auch wenn – von „Grüß Gott, Frau Professor“ zu „Hey Conny!“ ist’s ein großer Schritt, und dass man seine Ex-Lehrerin auf einem Deutschrap-Konzert trifft – damit rechnest halt auch nicht. Kann bissl unguad sein, versteh ich schon. Anyways. Jedenfalls hat die Kathi, die damals auch in Nikos Klasse war und uns beiden auf Instagram folgt, dem Niko meine Insta-Story geschickt, und ich denk mir nur so „Niko Rode… hm… den hatte ich ja mal in der Schule!“ (Aha-Erlebnis) Und dann fand ich’s einerseits ziemlich witzig, dass wir am selben Konzert waren, und andererseits oag, dass ich ihn nicht mehr erkannt hatte. Wir haben dann kurz geschrieben und er hat mir erzählt, dass er aktuell in der 7. ist und fotografiert. Und ich sage euch: Sein Künstleraccount auf Instagram (moodification) ist der HAMMER! Also ich war schwerstens beeindruckt und hab gleich ca. jedes 2. Bild geliked (alle wollte ich jetzt nicht liken, das wär so ein bissl stalkerisch rübergekommen haha).

Aber ja, es wird einem jedenfalls auf den ersten Blick klar, dass er nicht fotografiert, damit ihm jemand anderer auf die Schulter klopft, sondern weil ihn Architektur und Symmetrie wirklich faszinieren und er da mit einem künstlerischen Anspruch und echtem Talent an die Sache herangeht. Wie der BIBIZA (war Support beim Jugo Ürdens) richtig anmerkt: „[N]ur weil du auf Sneaker malst, bist du noch kein Designer“. Genauso ist’s beim Fotografieren. Fotograf ist nicht gleich Fotograf. Da muss man aufpassen. Niko sticht auf jeden Fall raus „aus der Suppe voller Tryhards“ (auch BIBIZA) – und das mit nur 17 Jahren. Er hat schon Auftragsanfragen von Firmen bekommen, hat für smart (Automarke) fotografiert und bei der Kronen Zeitung gearbeitet. Darüberhinaus wurde moodification von Vienna Würstelstand als einer von 19 Instagram-Accounts „to follow for inspiration in 2019“ gelistet. Fame in the making.

Letzte Woche haben wir uns bei der U3-Station Neubaugasse getroffen und sind gemeinsam zum Café Europa spaziert. Gleich am Beginn meinte Niko so: „Es ist echt witzig…dich… nach so langer Zeit wiederzutreffen“, lachte kurz auf und fügte hinzu: „Das war jetzt echt schwierig „du“ zu dir zu sagen.“ Haha. Ging dann aber immer besser mit dem du-dich-dir. Wir haben uns wirklich ziemlich gut unterhalten, und ich habe ein paar Schul-Memes gesehen, interessante Instagram-Accounts kennengelernt – wie z.B. den seines Lieblingsfotografen Marius Sperlich- und wurde bzgl. „härterem“ Deutschrap upgedatet (kenne jetzt z.B. Karate Andi – Eisen). „Jeder hört Hip Hop, aber keiner kann sich damit identifizieren“ war eine der Aussagen, über die ich dann selber viel nachgedacht habe, speziell im Zusammenhang mit Christian Schachingers Raf Camora Rezension und so. Niko meinte im Nachhinein zwar eh, „keiner“ sei zu krass, „nur wenige“ treffe es besser.  Aber ist schon ein spannender Punkt find’ ich. 

Abgesehen von seinem Fotografietalent und einer Passion für Hip Hop lässt sich über Niko auf jeden Fall noch sagen, dass er ein echt Lieber ist, total angenehm, und einen ziemlich guten Style hat. Beim Rausgehen hab ich dann noch einen Test bestehen müssen: Er zog den Pulli hoch, zeigte auf das T-Shirt und meinte: „Von wem ist dieses Merch?“ Ich: „Von diesem Slav…. ach so nein nein, warte – von … RIN!!“ Sichtliche Enttäuschung seinerseits. Ich so: „Habe ich die Kurve noch gekratzt?“ – „Nein!“ 

Ok cool. 

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Wie bist du zum Fotografieren gekommen? 

Also das war ungefähr vor 3,4 Jahren durch mittlerweile meinen besten Freund – der fotografiert locker schon 7,8 Jahre. Mit dem habe ich mich in dieser Zeit gut angefreundet und der hat mich öfters mitgenommen auf Fotografietrips sozusagen. Und dann habe ich mir auch eine Kamera ausgeborgt, und das hat mir auch ziemlich gut gefallen, dass man selber seine Perspektiven und seine Motive findet. Seit drei Jahren habe ich eine eigene Kamera, mittlerweile eine sehr gute – eine Sony A7, die ist ziemlich ziemlich gut, also ich bin sehr zufrieden damit. 

Was macht ein gutes Foto aus? 

Einen Wiedererkennungswert, weil man sich dann daran erinnern kann, wenn man es einmal gesehen hat. Und auch unterschiedliche Perspektiven – also nicht immer nur das Gleiche. 

Wiedererkennungswert – meinst du vom Stil oder vom Motiv her? 

Vom Motiv – also wenn ich jetzt z.B. an Porträts denke – besondere Models oder besondere Perspektiven – also nicht immer nur straight ins Gesicht fotografieren, sondern auch mal was ausprobieren. 

Welche Bedeutung hat die Fotografie in deinem Leben? 

Also im Moment halt leider nicht so viel, weil die Schule ziemlich stressig ist, aber ich würde es als mein liebstes Hobby bezeichnen, und auch eine gute Freizeitbeschäftigung, wo man auch stolz drauf sein kann. Andere Freunde gehen lieber fort, ich war halt lieber fotografieren. […] Fotografie hat mir auch beim Sommerjob ziemlich geholfen, und zwar weil ich in der Kronen Zeitung gelandet bin […]. Da musste ich halt Bilder bearbeiten, und das hat mir ziemlich gut gefallen, und ich könnte mir das theoretisch auch in Zukunft vorstellen, weil das waren echt nur chillige Leute, chillige Arbeitszeiten. Und die Arbeit hat mir ziemlich Spaß gemacht, also mit Photoshop umgehen und so. 

Sind Fotografen Künstler? 

Würd ich schon sagen. 

Alle?

Nicht alle. Also wenn ich sehe, dass wer wen anderen nachmacht und nicht seinen eigenen Weg findet, seine Fotos zu machen, dann ist er für mich kein Künstler. Aber wer Eigenes schafft, ist auch Künstler.

Was würdest du sagen ist das Künstlerische am Fotografieren? 

Seine Perspektive, seine eigene Art zu finden, wie er Fotos macht, wie er Fotos bearbeitet. 

Wer/was inspiriert dich? 

Ich könnte jetzt ein paar Namen nennen von größeren Fotografen. In Amerika z.B. – Gunner Stahl heißt der, der macht echt nur analoge Fotos von bekannten Leuten und findet immer seine eigene Perspektive. Aber ich würd auch sagen der Freund, über den ich zur Fotografie gekommen bin, der hat mich auch ziemlich inspiriert. Und mir geholfen vor allem – wie man gscheit bearbeitet und alles. Ja, ich würd schon sagen, dass der meine Inspiration ist. 

Wer ist das?

Matthias heißt er. Auf Instagram „Framedstreets“ – kann ich dir dann zeigen. Der ist auch ziemlich gut bei der Sache noch dran und verdient auch gut Geld mit diversen Aufträgen. Und der geht halt auch noch zur Schule und das ist halt schon oag, wie er das zusammenbringt. Der ist noch mehrere Levels über mir. […] Wir waren jetzt locker schon in 5 Städten gemeinsam fotografieren, u.a. in Berlin, Budapest und Venedig. 

Wie wichtig ist Instagram für dich? 

Ja sehr wichtig. Damit man halt auch Resonanz auf die Bilder bekommt – was gut ankommt, was schlecht ankommt, was man öfters machen soll. Und man wird auch von mehreren Leuten entdeckt über Instagram. Ich habe jetzt letztes Jahr für smart fotografiert, also für die Automarke, und die hätten mich nicht ohne Instagram entdeckt. 

Die haben dich einfach angeschrieben? 

Ja, genau. 

Vergrößerst du auch aktiv deine Reichweite? Schreibst du Leute auch proaktiv an? 

Nein, wie gesagt, momentan hab’ ich die Motivation ein bisschen verloren – bin auch selten nur mehr auf dem Fotografieaccount unterwegs, aber ja damals schon – du knüpfst halt viele Kontakte, hast Kontakte in diverse Länder, aber ich hab’ eigentlich immer gewartet, bis jemand schreibt. Also es war bis jetzt dreimal der Fall, dass mich Marken angeschrieben haben. 

Warum ist Kendall Jenner toll? 

(lacht) Ich hab gesehen, dass du sie folgst. Bestes Model finde ich. Mit Emily Ratajkowsky. Und auch ihre Marke, und das was sie macht. Und sie kommt ziemlich bodenständig rüber – falls du die Bilder gesehen hast mit Tyler und diesem Yung Taco? Ziemlich bodenständig. Kommt sehr sympathisch rüber. 

Du hast ja gesagt, du hast wegen der Schule die Motivation ein bissl verloren – was würdest du grundsätzlich an unserem Schulsystem verändern?

Ja also ich hab eigentlich nichts am Schulsystem bis zur 6. Klasse auszusetzen, aber wenn dann alles zusammenkommt mit VWA und 3-stündigen Schularbeiten und alles zusammen, Maturastress – das ist halt dann schon ziemlich zach und Freizeit geht dann halt auch ziemlich unter. 

Aber würdest du sagen, die VWA ist so das Hauptding, was dich stört? 

Ja. Du denkst halt in deiner Freizeit immer an die VWA – ob du eh alles richtig gemacht hast, ob du eh noch genug Zeit hast, um alles abzugeben und sowas halt. 

Also das heißt, im Endeffekt ist das dann 2 Jahre lang eine Belastung? 

Ja, würd ich schon sagen. 

Und so grundsätzlich vom Unterrichtsstil passt alles für dich? 

Ja, es gibt halt immer ein paar Lehrer, die jetzt nicht die sympathischsten und geeignetsten für den Job sind, aber das sind Einzelfälle – zumindest bei uns in der Schule. 

Wie wichtig ist es (in der heutigen Zeit), eine Passion zu haben und die zu leben? 

Ja sehr wichtig natürlich! Damit du halt in deiner Freizeit nicht zu Hause rumhockst und nichts machst. Man sollte sich immer was suchen, was einem gefällt, und was einen im Leben weiterbringen kann. 

Aber es gibt ja auch viele Leute, die das jetzt nicht haben. Was würdest du denen raten, um ihre Passion zu finden? 

Ja einfach mehrere Sachen ausprobieren – was ihnen gefällt, was ihnen nicht gefällt. Sport ist immer eine Variante. Bei mir war’s halt Fotografie – durch den Zufall, dass ich den [Matthias] kennengelernt hab. Sonst wär’s glaube ich Fußball bei mir geworden. […]

Wenn dein Leben einen Soundtrack hätte, welcher wär’s?

Also ich hör’ eigentlich ausschließlich Rap. Im Moment mehr amerikanischen Rap – und ich will die Leute, deren Texte ich höre, nicht unbedingt als Vorbilder, oder als Leute bezeichnen, die mein Leben beeinflussen. Da geht’s halt eigentlich nur um den Sound sozusagen – nicht, ob mich der Text inspiriert. Also ich würde jetzt im Moment keinen genauen Soundtrack finden, der mein Leben beschreibt. 

Also würdest du grundsätzlich sagen, dass die Lyrics nebensächlich sind? 

Kommt drauf an. Also wenn ich Cloudrap höre, schon. Also ich weiß jetzt nicht, ob „Opernsänger“ (von Yung Hurn) oder sowas eine tiefgründige Aussage hat. Aber wenn ich mir z.B. Kendrick Lamar anhör’ – z.B. mit m.A.A.d. City – kennst das Lied? Da redet er über seine Zeit in Compton, seine Kindheit, und was er da für Sachen gesehen hat mit Morden und sowas. Oder wenn ich Eminem hör’ oder sowas – halt Lyrical Rap und Cloudrap sollte man unterscheiden. Es kommt immer auf meine Mood draufan, welche Musik ich jetzt hören will. 

Aber glaubst du, dass Rap auch eine inhaltliche Vorbildwirkung haben soll? Also denkst du z.B., dass die Gesellschaft abgebrühter wird gegenüber Drogen oder so wegen Rap-Texten? Oder nicht? 

Also ich kann’s nur aus meiner Sicht sagen – und ich hab’ halt Rap entdeckt, wo ich schon ein bisschen reifer war – also mit 13, 14 hab’ ich begonnen, mehr Rap zu hören. Aber ich weiß nicht unbedingt, ob das gut ist, wenn man schon als Kind oder vom Jugendalter an heavy Deutschrap hört. Wenn man z.B. 187 [Straßenbande] oder so hernimmt, die so viele Leute erreichen…

Aber liegt dann die Verantwortung bei den Rappern? 

Nein für mich liegt die Verantwortung bei den Eltern eigentlich, die schauen sollen, was die Kinder hören, und was ihre Kinder beeinflusst. 

Wie macht man das?

(lacht) Ja, das ist eine andere Frage. Ich finde, es sollte konsequenter durchgezogen werden, was auf diesem Index landet. Also nicht nur sagen „Ja, das ist ab 16, das sollten nur 16-Jährige hören, sondern wirklich schauen, dass das nicht unter 16-Jährige zu hören bekommen.“ Aber es wird sich nicht vermeiden lassen… Aber ich glaube, sie erreichen auch so viele Leute, z.B. jetzt Gzuz oder 187, weil das Leute sind, denen man das auch abkauft. Die nicht nur davon reden, dass sie Leute überfallen und irgendwelche Gewalttaten machen, sondern die haben das gemacht oder die tun’s noch immer. Und die haben auch so ein einschüchterndes Äußeres, dass man’s denen auch abkauft. 

Würdest du sagen, dass Hip Hop ein Spiegel der Gesellschaft ist? 

Nein, würde ich eigentlich nicht sagen. Ziemlich viel Fake. 

Aber es ist wurscht? 

Ja. Hm. Also ich finde, da sollte man unterscheiden zwischen deutschem Rap und amerikanischem Rap. Ich würd’ sagen, in Amerika ist ziemlich viel echt. Das liegt halt natürlich an den Waffengesetzen und an den Drogengesetzen dort. Aber ich find’ man kann in Wien nicht jetzt unbedingt richtig guten Straßenrap bringen, weil’s das einfach hier nicht gibt. (lacht.) Weil hier nicht jeder mit einer Waffe rumlaufen darf oder irgendwas. Vielleicht wenn man in Alterlaa aufgewachsen ist sowas. (lacht.) Aber ich glaub, man kann nicht Alterlaa mit Compton vergleichen. 

Wo siehst du dich in 10 Jahren? 

Entweder als selbständiger Fotograf. Oder mit einem abgeschlossenen Studium – wo ich zwar noch nicht weiß, was ich studiere. Eher zweitere Wahl, weil Fotografengewerbe ziemlich unsicher ist, glaub’ ich. Und auch nicht mit Frau und Kind, glaub ich. Bisschen zu früh. Das kommt dann glaub ich mit 30 oder so. 

Aber es kommt?
Hoffentlich! 

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https://www.instagram.com/moodification/

Foto: © Matthias Leidinger