Dominik Schwarz

Dominik Schwarz ist ein genialer Typ. Er ist unglaublich originell und unkonventionell, und seine Abenteuergeschichten sind so abgefahren und außergewöhnlich, dass man sich beim Zuhören oft fragt, wie man auf sowas überhaupt kommt. Mehr dazu später. 

Zuerst mal muss ich erwähnen, dass ich Dominik mittlerweile seit über 16 Jahren kenne. Eine verdammt lange Zeit, I know. Kennengelernt habe ich ihn damals im Flugzeug von Linz nach Kos, auf dem Weg zur legendären Maturareise. Dominik, der ebenfalls auf Maturareise war, unterhielt mit seinen Compañeros das ganze Flugzeug und es war mitunter recht amüsant. In Kos haben wir uns dann beim Fortgehen zufällig wieder getroffen. (Die Insel ist klein.) Ich weiß noch, dass er auch derjenige war, der mich damals darauf aufmerksam machte, dass ich ja nicht rauchen würde, sondern lediglich paffe, und mir ein paar Einsteiger-Tipps & Tricks zum Inhalieren gegeben hat. (Danke an dieser Stelle!) Es war wirklich eine sehr witzige Reise und ich hab mir damals schon gedacht, dass er wirklich ein Unikat ist. 

Nach der Maturareise haben wir uns aber etliche Jahre nicht mehr gesehen. Das erste Mal dann komplett zufällig wieder auf der Privatparty eines Freundes und ehemaligen Bandkollegens von mir, der mir die Klara vorstellte – eine meiner mittlerweile besten Freundinnen. Als dann plötzlich der Dominik zur Tür hereinschneite, und mich darauf aufmerksam machte, dass er Klaras Bruder sei, packte ich mein Leben nicht. Die Welt, ein Dorf.

Damals studierte er Geschichte und PuP auf Lehramt und ich fand’s total kurios, dass so ein bunter Vogel wie er den Lehrberuf ergreifen wollte. Tatsächlich unterrichtete er dann ein paar Jahre, ehe er sich dem Holzbrillenbau zuwandte und sich mit diesem Handwerk selbständig machte. Daneben arbeitet er auch als Tischler und kommt generell immer wieder mit innovativen und teilweise skurrilen Ideen daher, die er stets erfolgreich in die Tat umsetzt. „Gell, das Gute, wenn man selbständig ist, ist, dass man sich einfach immer wieder was Neues einfallen lassen muss“, sagte er letzte Woche nach dem Interview zu mir. Da ist was dran. Was ich an ihm wirklich sehr bewundere, ist zum einen sein Mut, neue und v.a. auch neu-artige Projekte anzupacken und in die Tat umzusetzen und zum anderen die scheinbare Leichtigkeit, mit der ihm das gelingt. Er lebt für mich das Gegenteil eines 0815-Lebens, was ich persönlich ja immer am spannendsten und inspirierendsten finde. 

Du hast ja in 36 Jahren mehr gemacht als viele mit 80 – was war so gefühlt das Highlight in deinem bisherigen Leben? 

Ich finde, das ist eine schwierige Aussage. Ich war vor kurzem bei einem 60er, wo einer gesagt hat: „Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viel sich in einem Leben alles ausgeht“ – und der hat nachher lauter Nebensächlichkeiten erzählt. Das war, finde ich, eine sehr geile Variante, mit dieser Frage umzugehen. Was sicher für mich ganz besonders war, war die Floßfahrt. Ich bin mit einem selbst gebauten Floß die Donau runter von Linz bis Kladovo, gemeinsam mit einem sehr engen Freund. Das war für mich die Anreise für mein Erasmus-Semester in Istanbul. 

Und was war da die Grundmotivation dafür, mit einem Floß zu fahren? Stand da der Umweltaspekt im Vordergrund oder wolltest du einfach was Abgefahrenes machen? 

Es war schon das Abenteuer, das mich gereizt hat. Und natürlich auch immer die Überlegung, wie lege ich den Weg eigentlich zurück. Ich bin schon relativ viel herumgereist und kam dabei relativ schnell einmal zu der Erkenntnis, dass das Fliegen fad ist und alle anderen Varianten viel spannender klingen und sich auch anfühlen. 

Du bist ja auch mal mit dem Rad nach Griechenland gefahren, gell? 

In die Türkei bin ich da gefahren! Genau, das war das Jahr nach Erasmus. Da bin ich zu einer Hochzeit gefahren. 

[…]

Nochmal kurz zu der Floßbaugeschichte:  Wie geht man an sowas heran? Es war ja, nehm ich an, das erste Floß, das du gebaut hast?

Ja, genau! Also ich glaube, bei diesen ganzen Abenteuergeschichten gehört einfach eine Riesenportion Naivität dazu. Also zum Selbständigwerden auch. Die Naivität behütet einen davor, dass man zu viele Ängste hat. Man stellt sich das Ganze ein bissl reibungsfreier vor, und man geht es einfach an. So war das beim Floßfahren auch. Wir haben uns das zu zweit überlegt, wie man das macht, und haben ein bisschen herumgefragt, ob irgendwer Fässer für uns hat. Bei den Wartberger Industriellen sind wir dann fündig geworden – die haben uns zum einen eine riesengroße Plattform geschenkt, auf der eine große Maschine geliefert worden ist. Die haben wir als Grundplattform verwendet. Dann hat uns irgendwer noch ein paar Kunststofffässer geschenkt. Und so haben wir das dann aufgebaut. 

Ein Wahnsinn! Und da hat’s ja dann auch diverse Komplikationen gegeben auf der Reise, was ich weiß. In Ungarn, gell?

Ja, also wir haben einige Kontrollen gehabt und haben unsere Fahrbewilligung ein bisschen adjustiert für unsere Zwecke. In Budapest wären wir in so ein Motorsportrennen reingeschwommen. Die Schifffahrtspolizei hat uns aufgehalten und wollte unsere Papiere sehen. Auf der einen Seite hat ihnen halt unser Floß voll getaugt und sie wollten die ganze Zeit Fotos mit uns machen. (lacht.) […] Sie haben unsere Papiere gecheckt – das hat relativ lange gedauert. Und dann sind’s irgendwann rausgekommen, und meinten: „Alles in Ordnung. Gute Fahrt!“ (lacht.) 

Wo muss man denn um so eine Bewilligung ansuchen? 

Also wir haben das Floß in Linz an der Kunstuni gebaut und haben dann in Linz mit der Schifffahrtspolizei Kontakt aufgebaut. Da gibt’s alle 1,2 Monate mal einen Überprüfungstermin, wo sie so Motorboote und Hobbysportboote kontrollieren, oder „abnehmen“, und mit der Genehmigung darf man dann rein theoretisch 2 Jahre auf der Donau fahren. Und er hat halt unser Floß angeschaut und gesagt: „Burschen, seid’s mir nicht bös, aber 2 Jahre mit dem – da kann ich euch einfach nicht meinen Segen geben. Aber ihr könnt es als Sondertransport anmelden.“ Das gilt dann halt nicht für die ganze Donau, sondern nur für Österreich. Und die haben wir eben nachher beantragt und auch gekriegt.

Also ihr seid’s nach Österreich schwarz gefahren?

Ja, ein Stückerl sind wir schwarz gefahren, und in Serbien -das gehört ja nicht zur EU- haben wir wieder neu „einklarieren“ müssen (so heißt das Einreisen am Seeweg), und ab dann waren wir wieder legal unterwegs. 

Allerhand! Und welche Projekte hast du jetzt aktuell gerade am Laufen? 

Also ich habe mich vor 2 Jahren selbständig gemacht mit Holzbrillenbau. […] Ich veranstalte einmal im Monat die Classes of Glasses –  einen Kurs, wo man eine eigene Holzbrille bauen kann, und biete Sondermodelle von Holzbrillen und Maßanfertigungen an. Ursprünglich habe ich mir gedacht: „Das geht eh super-easy – mit einem Kurs im Monat und monatlich 5,6 Brillen verkaufen könnte ich finanziell auskommen.“ Ich habe aber das Tischlergewerbe auch angemeldet und arbeite auch relativ viel in diesem Bereich. Es ist ziemlich 50:50. 

Wie bist du zu den Holzbrillen überhaupt gekommen? Wie ist die Idee entstanden, dass du gerade Holzbrillen machst? 

Ich sehe schlecht und habe eine Tischler-Grundausbildung. Und ich hab’ diese zwei Sachen einfach genial kombiniert. […] Ich habe meine erste Brille 2013 gebaut – da ist der Trend zu Holzbrillen gerade aufgekommen. Und ich habe gesehen, dass das funktioniert. Ich habe mir das mehr oder weniger in einer Auslage abgeschaut, wie die das machen. Und hab halt dann relativ lange gebraucht, dass ich selbst soweit war, dass die Brille super funktioniert. Aber da bin ich auch komplett reingestolpert. Ich habe die erste Form gebaut – da bin ich herumgegangen mit einer Kunststoffbrille, und habe geschaut, ob irgendwas eine ähnliche Krümmung oder Kurve hat in der Wohnung. Schließlich habe ich dann die Sessellehne von meinem Schreibtischsessel entdeckt und hab da das erste Sperrholz reinverpresst. Also so richtig dilettantisch. Sehr simpel habe ich versucht, das aufzubauen. Dann hab ich sie zum Optiker gebracht und der meinte: „Ja eigentlich eh nicht schlecht. Aber es geht halt die 2. Krümmung – für die Sphäre ab“. So hab ich das halt sukzessive weiterentwickelt. Es hat ein paar Jahre gedauert, bis ich dann den ersten Kurs anbieten konnte. 

Aber learning by doing, ne? 

Genau, im Endeffekt, ja. Und halt viele Fehler machen. 

Du hast ja für deine innovativen Ideen auch schon etliche Förderungen bekommen. Ich erinnere mich an diese Brillenfassung aus Papier?

Genau, also „etliche“ ist übertrieben – ich habe jetzt eine Förderzusagen gekriegt, von der Wirtschaftsagentur, wo es um Upcycle- Brillen geht. Also wo’s für mich darum geht, dass ich probiere, aus Altpapier neue Brillen herzustellen. Da gibt’s schon einiges, und es gibt auch ein paar Sachen am Markt […], aber die verkleben alle mit Epoxidharzen, und tränken mehr oder weniger das Ausgangsmaterial in einen Kunststoff. Damit kann man die Kunststoffanteile ein bisschen reduzieren, aber man hat halt trotzdem eigentlich eine Kunststoffbrille. Und meine Förderung bezieht sich darauf, dass ich dem Ausgangsmaterial so wenig Schadstoffe wie möglich beimengen möchte. Da bin ich gerade am Experimentieren. […]

Wenn du jetzt eine neue Idee hast, was beflügelt dich da am meisten?

Also es ist schon so die Idee, das Ziel und die Vision von was. Und das richtig Coole ist eigentlich, dass der Prozess dann immer ganz anders läuft, als man sich’s vorstellt. Also man hat eine Idee, und glaubt, das könnte funktionieren. Aber bis dorthin fängt’s halt an zu „zwicken“, und man muss sich was anderes überlegen, man muss Leute anrufen und herumfragen, um Lösungsansätze einzuholen. Man lernt halt auf dem Weg brutal viel. 

Aber das heißt, du lässt dich dann auch nie von Hürden oder Problemen auf dem Weg entmutigen, sondern das ist dann eher etwas, das dich noch zusätzlich anspornt?

(lacht) Ja, im Idealfall. 

Weil es gibt ja viele, die sagen: „Ja okay, das ist mir zu schwierig. Lass ich das doch lieber.“

Ich habe das Glück, dass ich relativ viele andere Projekte auch am Laufen habe, und da kann man Sachen auch so ein bissl „liegen lassen“. Das ist voll angenehm – wenn man das Gefühl hat, da kommt man nicht weiter, es einfach mal liegen zu lassen. Dann frag ich auf der Angewandten ein bissl herum, ob wer eine Idee hat…

…was studierst du dort nochmal?

Werkerziehung. Es hat den klingenden Namen DAE – Design, Architecture and Environment. Klingt cooler als Werkerziehung, ist aber im Endeffekt Werkerziehung. (lacht.)

Ok ja. Aber das heißt, du fragst dort dann herum, und findest dadurch dann immer wieder Lösungen, wie du bei deinen eigenen Projekten weitermachen kannst?

Genau, zum Teil eben an der Angewandten. Dann bin ich in einer Werkstättengemeinschaft, wo es Industriedesigner gibt, die auch total geschickt sind, und in vielen Bereichen eine Ahnung haben. 

Weil du zuerst ja gesagt hast, Naivität ist wichtig, wenn du dich selbständig machen willst, oder irgendein Abenteuer umsetzen willst – Was würdest du Leuten raten, die vielleicht auch tollkühne Ideen haben, aber sich’s dann nicht zutrauen? 

Hm. Also ich glaub’ eben, dass Naivität wichtig ist, um Sachen überhaupt anzugehen. Und ich glaube aber, dass es nachher schon noch eine Portion Selbstvertrauen und Mut braucht, dass man es durchzieht. Ich habe für mich das Gefühl, dass ich ein total tolles, intaktes Umfeld habe. […] Ich habe einfach das Vertrauen in meine Umwelt, wo ich glaube, mir kann alles passieren, und sie sind da. 

Wirklich? Also du meinst jetzt Freunde und Familie? 

Genau! Und ich glaube einfach, dass ich in vielen Bereichen, die ich mache, jetzt gar nicht so der Beste und Geschickteste bin. Aber eben in Kombination damit, dass man sich’s dann eben auch traut und vielleicht auch Anlaufstellen für Fragen hat, Fehler machen kann, und auch immer wieder das Vertrauen hat, dass das weitergeht. Ich glaub’ dieses Sammelsurium an Sachen macht’s dann im Endeffekt aus.

Aber punkto Selbstvertrauen – eine Förderung ist ja auch ein enormer Selbstvertrauensboost. Würdest du allen, denen noch das nötige Selbstvertrauen fehlt, raten, „einfach machen und immer weitermachen“? 

Ja, also man muss die Sache natürlich extrem gern machen. Also man muss „brennen“ für das, was man machen mag. Und ich glaube, wenn man das tut, dann sind auch die Schwierigkeiten, die auftauchen, lösbar, weil man sie einfach lösen mag. Da kann ich fast schon nicht mehr aus, das ist fast schon etwas Manisches. Dass man so geil ist auf das Ding – ich mein, die Floßfahrt war ja sensationell, oder bei der Upcycle-Brille ist’s auch so. […]

Was würdest du sagen war die Triebfeder dafür, dass deine Selbständigkeit von Anfang an so gut gelaufen ist? 

Ich habe einfach wirklich auch Glück gehabt. Glück darf man nie unterschätzen, ist auch ganz wichtig! Zum einen ist das mit den Brillen ja nicht ganz so angelaufen, wie ich’s mir gewünscht hatte. Also dieses Jahr habe ich wirklich jeden Monat einen Brillenbaukurs gemacht und ich glaube, ich hatte dieses Jahr insgesamt vielleicht 6 Plätze frei. Also das ist sensationell gut, und recht viel mehr mag ich nicht und geht da auch nicht. Aber das war halt das erste Jahr überhaupt nicht so, da habe ich vielleicht 10 Kurse gemacht, und ein paar auch nur mit 2 Leuten. […] Und ich habe daneben aber auch begonnen, mit dem Verein “Grätzl Oase” Parklets aufzustellen in Wien. Da habe ich Bürgerbeteiligungen unterstützt in der Realisierung von ihren Parklets. 

Was ist ein Parklet?

Das ist mehr oder weniger wie ein Schanigarten, der halt nicht wirtschaftlich genutzt wird, und den Anrainer planen und beantragen können. Diese Initiative wird von der Stadt Wien gefördert. Da hat man vorm Haus dann so einen Schanigarten stehen. Und aus diesem Projekt sind ganz viele private Aufträge entstanden. Die Bürgerinitiativen, mit denen ich das gebaut habe, haben mich als Tischler wahrgenommen und aus dem heraus habe ich viele private Aufträge gekriegt. Das hat sich herumgesprochen, die haben mich weiterempfohlen. Und seither rennt das. […]

Du machst ja auch in deiner Wohnung relativ viel selber. Ich erinnere mich an die Klospülung, die gleichzeitig auch Waschbecken ist…

Warst du mal bei mir am Klo? 

Nah. 

Musst mal vorbeikommen! 

Genau! Ist das das Coolste in deiner Wohnung, das du selber gemacht hast?

Ja, also der Hingucker ist sicher dieses Waschbecken. 

Ja? Erklär das mal!

Also es ist eine japanische Idee – das hat mir eine Bekannte von einer Japanreise erzählt. Man setzt das Waschbecken direkt auf den Spülkasten drauf, und wenn man die Spülung betätigt, kommt Wasser über den Wasserhahn raus, man wäscht sich die Hände, und das Abwasser füllt den Spülkasten auf. Und es hört dann auch automatisch wieder auf. Also man spült immer mit dem zuvor benutzten Wasser. 

Super nachhaltig!

Total cool!

Voll. Und das hast du dir auch alles selber angeeignet? 

Ich habe den Input zu dieser Idee bekommen. Und dann war ein Freund bei mir zu Besuch, und wir haben nicht recht gewusst, was wir machen sollen. (lacht). Und dann haben wir das Betonwaschbecken gebaut. Es hat uns beide interessiert – wir haben beide vorher noch nie Beton gegossen. 

Und das hattet ihr alles parat, oder habt ihr den Beton dann noch kaufen müssen?

Ich glaube, ich habe sogar auf der Baustelle gefragt, ob ich ein Betonsackerl haben kann oder einen Zement oder so. (lacht) 

Haha. Ja aber ich denke mir, man muss schon geschickt sein. Es kann jetzt nicht jeder sagen, ich mach das jetzt einfach so. Ich mein, es gibt ja Leute, die schauen sich dann zahlreiche YouTube Tutorials an. Bei dir glaube ich, du überlegst dir das lieber analog, gell?

Ja, das stimmt schon. Ich habe vorher eben diese Tischler – HTL gemacht, die war natürlich eine ganz wichtige Grundausbildung. Und der Freund von mir, mit dem ich das Waschbecken gemeinsam gebaut habe, der war auch dort. 

Genial! Du bist ja ausgebildeter Geschichte und PuP-Lehrer und hast ein paar Jahre unterrichtet, bevor du in die Selbständigkeit gewechselt hast. Vermisst du die Schule manchmal oder bist du froh, dass du dieses Kapitel hinter dir gelassen hast?

Na, ich muss sagen, dass ich’s schon manchmal vermisse. Also ich habe die Schule dann verlassen, weil ich in einer Neuen Mittelschule in Simmering unterrichtet habe, und das war für mich nicht der richtige Platz, muss ich sagen. Ich sehe mich weniger als Erzieher als als Lehrer, und ich habe das Gefühl, dass du in einer NMS kaum noch inhaltliche Qualitäten mitbringen musst, sondern sehr viele erzieherische. Und das war mir ein bissl zu mühsam. […]

Wenn du jetzt deine eigene Schule aufmachen könntest, wie würde die ausschauen? Würdest du da was grundsätzlich ändern?

Ja, auf alle Fälle! Ich habe mir da auch schon viele Gedanken darüber gemacht. Wenn man das System, das wir jetzt haben, verändern würde, dann würde ich die Neue Mittelschule so aufstellen, dass das die geilsten Schulen sind. Dass sich jeder freut, wenn er in die neue Mittelschule kommt. 

OK, und wie würdest du das machen? 

Also, was ich mir gewünscht hätte – so jetzt mal als einfache Lösung für das, was ich erlebt habe, in der neuen Mittelschule: Die Zeit, dass man jeden Schüler mindestens 1x in der Woche, oder alle 2, 3 Tage mal ernsthaft fragt, wie’s ihm geht. Was er oder sie machen mag. Und was sie oder er bereit ist, dafür zu geben. Also, dass man ein bisschen ein Verhältnis dazu aufbaut, dass das eigene Agieren einen Einfluss auf das eigene Leben hat. Die haben oft so arge Lebensbedingungen, dass es ganz wichtig ist, dass sie Vertrauenspersonen haben, mit denen sie einen Kontakt aufnehmen können, wenn irgendwas passiert. Dass irgendwer Hilfestellung anbietet. Und ich habe das Gefühl gehabt, dass das in der neuen Mittelschule sehr verschwommen ist – dass sie oft über aggressives Verhalten aufmerksam gemacht haben auf irgendwelche Probleme. Und ich glaube, dass man dem vorbeugen könnte. Dann glaube ich, ist es voll wichtig – bevor man überhaupt anfängt zu unterrichten, müssen die „geil aufs Leben“ sein. Da gibt’s 13-Jährige, die nicht wissen, dass man schwimmen lernen muss – die springen ins Wasser – weil sie im Fernsehen schon mal Leute schwimmen gesehen haben und glauben, der Mensch kann schwimmen. Das ist wirklich brutal – die waren mit 13 noch nie in einem Wasser, wo sie nicht stehen konnten. Das ist so eine arge Geschichte! Und ich finde, da geht’s halt los. Es muss einfach das Leben Spaß machen. Die Schule muss die Ermächtigung bieten, dass man sich seinen Fähigkeiten entsprechend verwirklichen kann. […]

Wo siehst du dich in 10 Jahren? 

Hm. Also ich sehe so zwei große Möglichkeiten, was die berufliche Seite anbelangt. Die eine Variante ist, dass meine Idee mit den Upcycle-Brillen so aufgeht, wie ich mir das vorstelle, und ich die Chance bekomme, eine Produktion aufzubauen oder zu begleiten und sie dann auf den Markt bringen kann. Das ist natürlich schon ein aufregendes Projekt. Also diese Stationen mitzugehen, ist, glaube ich was sehr Cooles. Wenn das jetzt aber nicht so umsetzbar wäre, und vielleicht auch irgendwelche Hürden auftreten, die den Projektabbruch bedeuten würden – so, dass man sagt „ok, ich hab’s probiert, aber das funktioniert nicht so, wie ich mir das gedacht habe – man muss vielleicht doch Epoxidharze verwenden oder so“ – dann wird das, finde ich, uninteressant. Und dann könnte ich mir’s schon wieder vorstellen mit einer halben Lehrverpflichtung, Brillenbaukursen und Gräztloasen. So. 

Ok, also es gibt sozusagen einen Backup-Plan? 

Ja. Ich glaube, dass das eine sehr angenehmen Mischung wäre. Und auch voll familientauglich. Das ist schon auch was, was in den nächsten 10 Jahren super wäre, wenn das funktioniert.

 

Das legendäre, selbst gebaute Floß des Dominik Schwarz.