Looking at the street, thinking it could all be mine // All we got is memories, so what the fuck is time? // What the fuck is time? I ask ’em, what the fuck is time? // I don’t know, what the fuck is time? I ask ’em, what the fuck is time?
Mac Miller, du Held. Wo auch immer du jetzt bist – DANKE für deine Lyrics! What the fuck is time? Nämlich wirklich. Oft frage ich mich, ob man Zeit erst im Nachhinein begreifen kann. Also so im Sinne von – du checkst die Stunde erst, wenn sie vorbei ist. Und ich find’s gerade so oag, wie unfassbar schnell die Zeit einfach vergeht. Also wenn ich mir denke: Bow, der April ist schon fast wieder vorbei…Dabei hab ich vor meinem geistigen Auge immer noch das letzte Silvesterfeuerwerk, als wär’s vorgestern gewesen. I gotta speed it up, it seems.
Neulich hatte ich ein recht spannendes Gespräch mit einem 20-Jährigen zum Thema junge Männer vs. ältere Männer. Und er meinte: „Ich weiß, das hört sich jetzt sicher blöd an. Aber vielleicht sind wir (jungen Männer) deswegen noch freier im Kopf, weil der Tod noch weiter weg ist.“ Ich hab mich ur abgepeckt. Es hat sich in dem Moment wirklich dämlich angehört. Aber je mehr ich drüber nachdenke, desto mehr macht diese Aussage auch Sinn für mich. Man wird sich mit zunehmendem Alter ganz einfach seiner eigenen Sterblichkeit bewusst, trifft Entscheidungen viel bedachter, hat viel mehr (meist unbegründete und quasi immer unnötige!) Ängste, und hat schon das eine oder andere Fegefeuer durchgestanden. Man kapiert auf einer sehr realen Ebene, dass dieses Leben nicht unendlich ist, und die eigene Zeit eine fucking endliche Ressource. Vielleicht ist Zeit sogar die wertvollste Ressource, ich weiß es nicht. Auf jeden Fall in den Top 3.
Meine Mama geht jetzt im Sommer in Pension. Auch sowas, was mich innerlich fertig macht. Meine Mama und Pension. Hä?!! Ich hatte immer abgespeichert: Pension ist was für alte Leute. Nur alte Leute sind in Pension, hallo!?! Jetzt muss ich das für mich transformieren in „alte Leute und meine Mama“. Weil meine Mutter ist für mich absolut nicht alt. Die ist strahlend schön, lebendig, frisch und munter und wird immer cooler, je älter sie wird. Ich mag sie ehrlich immer mehr. Und irgendwie macht mich das ur traurig, dass sie jetzt in Pension geht. Ich weiß auch nicht.
Als ich jetzt zu Ostern mal wieder in Oberösterreich war, habe ich sie gefragt, welches Alter für sie bisher das schönste war, und sie meinte: „Eigentlich so ab 45.“ Dann fragte ich sie, ob das Älterwerden für sie schwierig sei. Sie so: „Nein, überhaupt nicht.“ Das hat mich irgendwie beruhigt und auch positiv gestimmt. Ich wollte dann wissen, ob es je einen Moment gegeben hat, wo sie sich über das Älterwerden Gedanken gemacht hatte, woraufhin sie sagte, dass sie sich halt mit 50 das erste Mal überlegt hat, was sie noch alles in ihrem Leben machen möchte. Und dass mit 55 die ersten kleinen Zipperlein begonnen haben. Dacht’ ich mir auch so: „Naja Conny, allzu lang hast du dann ja nicht mehr, wo dir nix weh tut…“ Muss ich bald mal den Marathon rennen, nicht dass es dann zu spät ist…
Zeit ist halt echt so was Relatives. Manchmal kommen einem Stunden wie Tage vor und dann wiederum kommen einem Jahre wie Minuten vor. Es ist total weird. Wenn ich mir überlege, was sich bei mir in einem bestimmten Jahr getan hat, dann fallen mir in erster Linie die Reisen ein, die ich gemacht habe, oder halt sonstige emotionale Highlights. Alles, was mich bewegt hat, oder wo ich mich bewegt habe. Routine hingegen ist ein wahrer Killer. Hamsterrad / Stillstand / oasch. Daher schau ich ziemlich akribisch darauf, dass mein Leben nicht in zu viel Routine verfällt, und versuche, immer wieder aus meiner Komfortzone rauszusteppen. Gibt’s ja auch dieses berühmte Zitat „Life begins at the end of your comfort zone.“ Das könnte von mir sein. Gefühlt.
Wenn ich so auf mein bisheriges Leben zurückblicke, dann kommt’s mir oft so vor, als hätte ich die ersten 25 Jahre wie in einem wummernden Dornröschenschlaf verbracht. Ich war irgendwie die längste Zeit so unfassbar fremdbestimmt und es fühlt sich an, als hätte ich eine riesige Nebelschwade um mich herum gehabt. Bissl wie ein Astronaut auf dem falschen Planeten und mit zu wenig Sauerstoff. Ich hab auf jeden Fall (mich) fix nicht gelebt. Deppat, eigentlich. Aber mei, ist auch vorbei. Dafür hab’ ich jetzt umso mehr Hunger aufs Leben und lass mich auf keinen Bullshit mehr ein. KEIN BULLSHIT!
Gestern habe ich ein Interview mit Heiner und Viktoria Lauterbach gelesen, wo der Heiner sagt:
Schauen Sie, die Geschichte mit dem Alter ist ja die: Mit 50 bist du eigentlich fertig, da hast du im Grunde alles erlebt. Die Kunst ist dann, das Leben sinnvoll zu verlängern und die zweite Lebenshälfte interessant zu füllen, sonst kommst du in dieses Hamsterrad, dass du nur noch denkst, das habe ich doch alles schon mal gehabt.
Das fand ich irgendwie spannend. Die Aussage an sich und auch, dass er das so am Alter festmacht. Kann man das so sagen? Ich mein, wenn ich mit 30 nix Neues mehr angeh’, dann hab ich rein theoretisch schon mit 30 alles erlebt. Fuck the routine auf jeden Fall.
Heiner Lauterbach ist übrigens 20 Jahre älter als seine Viktoria. Das nur so als kleine Fußnote, damit man mal wieder sieht, dass das bei Männern völlig ok ist, während es umgekehrt noch immer zu öffentlichen Rülpsattacken führt. Aber es ist schon ein beachtlicher Altersunterschied, keine Frage. Wenn man sich das bildlich vorstellt: Der Heiner hat schon im Schulmädchen-Report mitgespielt, als die Viki erst in der Gehschule war. (Kleiner Wortwitz.) Aber ja. Auch wurscht eigentlich. Ich fand ihn früher ja immer ur hot. Jetzt nicht mehr so. Liegt vermutlich am Alter. Der Zahn der Zeit nagt einfach auch an der Sexiness, damit muss man sich irgendwann arrangieren. Mein Vater sagt immer „Jeder will alt werden, aber keiner will alt sein.“ True story. Und neulich habe ich die Kommentare unter einem Video mit Verona Pooth (ex Feldbusch) gelesen. Da meinte ein User so: „Eine Frau mit 50, die Botox spritzt, schaut nicht aus wie 20, sondern wie eine Frau mit 50, die Botox spritzt.“ Hahahaaaaa. Oida, hab ich gelacht. Aber es stimmt einfach so. Wenn du nicht gerade den Beauty Doc von der J-Lo hast, dann schaut das einfach in den meisten Fällen immer saudeppat aus. So wie ein verzweifelter Versuch, etwas zu entrinnen, dem man nicht entrinnen kann: dem Tod.
Ich glaube, wir scheißen uns einfach kollektiv vorm Sterben an. Da ist’s gut, wenn man sich zumindest der Illusion hingibt, noch weit davon entfernt zu sein. Keeping up appearances.
Auf der anderen Seite ist das Altsein in unserer Gesellschaft einfach ungeheuer negativ konnotiert. Es ist so, als wärst du weniger wert, wenn du alt bist. Am Rande der Gesellschaft. Ins Altersheim outgesourced. Keinzielbahnhof Richtung Tod. Auf jeden Fall nicht leiwand.
Ich finde, es braucht viel mehr alte Menschen, die sich selber noch leben – die ihr Leben gestalten, anstatt auf den Tod zu warten. Und gleichzeitig muss auch ein Umdenken in der Gesellschaft stattfinden. Eine Wert-schätzung alter Menschen. All die Jahre an Lebenserfahrung, ihre Weisheit. Klaudia Bachinger leistet in diesem Punkt einen ausgesprochen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag. Sie gründete WisR, eine Jobplattform für Silver Agers, und zwar aus einem persönlichen Schicksalsschlag heraus. Ihre Oma „war Bäuerin und wollte in der Pension noch etwas Sinnvolles machen, aber sie hat all die Jahre für sich nichts Passendes gefunden.“ Schließlich beging sie Selbstmord. Total tragisch.
Aber ja, ich glaube wirklich, dass die Pension in vielen Fällen nicht unbedingt das Mekka ist. Vor geraumer Zeit habe ich mal eine ORF-Sendung gesehen (war’s Kreuz & Quer? Idk), wo’s eben auch um das Thema Älterwerden und Pension und so ging. Jedenfalls wurden da bei einer Reihe von Probanden die Organe kurz vor der Pensionierung durchgecheckt und dann nochmal kurze Zeit später (ich glaube ein halbes Jahr war’s). Und das Schockierende daran war, dass sich bei allen untersuchten Personen die Werte seit Anbeginn ihrer Pensionierung merklich verschlechtert hatten. Was oag ist. Also man verfällt glaube ich echt, wenn man sprichwörtlich „in den Ruhestand geht“. Jedenfalls gibt WisR Pensionisten die Möglichkeit, sich weiterhin in einem Unternehmen zu betätigen, während die Unternehmen von der Expertise und der Lebenserfahrung dieser älteren Mitarbeiter profitieren können. Win-win. Die Unternehmensmission ist dabei, Generationen aktiv zusammenzuführen und eine positivere Wahrnehmung von Alter innerhalb der Gesellschaft zu bewirken. Wie gesagt, ich finde, das ist eine super Sache. Also ich hab großen Respekt vor Klaudia Bachinger und ihrer Arbeit.
Eine uralte Person, die ich ziemlich cool finde, ist Iris Apfel. Die Frau ist ein Wahnsinn! 97 Jahre alt und eine Modeikone. Früher war sie mal Innenarchitektin. Mit ihrem bereits verstorbenen Mann (der übrigens auch 100 wurde) gründete sie 1950 eine Textilfirma, in der sie bis zu ihrer Pension (1992) arbeitete. Der Ruhestand aber war für das „geriatric starlet“ nie eine Option. In einem Interview mit Money, bezeichnet Apfel die Pension als ein „schlimmeres Schicksal als der Tod“ und berichtet von zahlreichen Bekannten, die nach jahrzehntelangem harten Arbeiten mit großer Leere aufwachten. Das wollte sie nicht. Sie arbeitete selbständig im Bereich Mode und Innenraumgestaltung weiter. Als sie 85 war, widmete ihr das Metropolitan Museum of Art eine Ausstellung, in der ihre private Kleidung und Schmucksammlung gezeigt wurde. Erst heuer im Februar schloss Iris Apfel einen Vertrag mit der Modellagentur IMG ab. Mit 97. Wie viel Persönlichkeit die Frau hat, lässt sich in diesem kurzen Interviewausschnitt recht gut erkennen:
She sighs. “And why they use these models who look 15… How can an older woman relate to a little kid running up and down the runway? You can’t.” She takes out her chewing gum, invigorated by the rant. “Excuse me,” she apologises, “but the gum is what usually keeps me awake.”
Hahahaaa. Legende! Ahhhh… Ich finde, solche alten Leute braucht’s. Die ihr Alter nicht verschleiern, sondern dazu stehen, ja regelrecht feiern. Wahre Role Models für eine Gesellschaft, die von einem perversen Jugendwahn besessen ist, gespeist von einer megalomanischen Pharma- und Schönheitsindustrie. Sick!
Ich habe mir mal überlegt, wenn man ein Menschenleben (das durchschnittlich 80 Jahre lang dauert) analog zu den Jahreszeiten sieht, dann würde sich alle 20 Jahre die Jahreszeit ändern. Demnach wäre ich gerade im Sommer meines Lebens. Was geil ist. Ich mag Sommer. Und mit 60 würde man dann im Winter ankommen. Da muss man sich dann halt wärmer anziehen, aber kann fix auch super sein. Speziell, wenn man Schifahrer ist, gerne Lebkuchen backt oder auf Weihnachten steht. (Metaphorisch gesprochen, versteht sich.) Aber ja. Der Sinn des Lebens, gell. Ich halte es ja für total vermessen, sich Ziele und Wünsche für die Pension aufzusparen. Ich für meinen Teil möchte auch nicht „arbeiten“, sondern ich will „einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen“. Weil das erfüllt mich. Und ich habe nie das Gefühl, dass ich am Montag die Tage bis zum Wochenende zähle (wie das im Radio immer propagiert wird). Was ist das? Ein Sich-Dahinhangeln von Wochenende zu Wochenende, ein totes Absitzen seiner Zeit, wovon 5/7 scheiße ist!? Das ist ja kein Leben!
They just dreams, turn ’em to reality // Double-cup of lean, standing on my balcony // Looking at the sky, thinking it could all be mine // All we got is memories, so what the fuck is time?
Den Hustensaft glaub’ ich kann man auslassen, aber sonst unterschreib ich Mac Millers Zeilen. Ich glaube echt, es geht im Wesentlichen darum, die Zeit mit so viel Leben wie möglich zu füllen und erinnernswerte Erinnerungen zu schaffen, an denen man sich rückblickend auch immer erfreuen kann. No regrets.