Max Ill ist einer der besten „Neuzugänge“ in meinem Leben. Ich habe ihn ca. Anfang Jänner auf Instagram kennengelernt (wie das halt heutzutage so rennt). Und zwar hat die Samira ein paar Insta-Stories gepostet von ihren gemeinsamen musikalischen Sessions in seinem Studio, und ich fand den Sound ziemlich gut. Also hab ich ihn völlig ungeniert angeschrieben. Er hat auch prompt geantwortet – und das, obwohl ich nicht mal ein Zehntel seiner Follower-Anzahl hab (he fame, me not). Ich sag das deshalb dazu, weil dieser „Insta-Fame“ sehr vielen Leuten extrem zusetzt mental, und das Ganze aber in den meisten Fällen eine größere Bubble ist als der Amerikanische Immobilienmarkt anno 2006. Ist bei Max jetzt nicht so. Er hat zwar über 56k Followers (you heard me right, my friends!), aber hat ein Leben außerhalb von the gram, dokumentiert statt inszeniert (meistens zumindest) und man kann mit ihm real reden und arbeiten, ohne, dass er sich währenddessen am Smartphone aufhängt. – Sooo wichtig!!!
Aber back to story. Also wir haben am gleichen Abend noch telefoniert und uns darauf geeinigt, dass wir uns demnächst mal gemeinsam zu ihm ins Studio hau’n. Die Woche drauf trafen wir uns dann zufällig auf einer Veranstaltung. Wir plauderten kurz, und er wirkte auf jeden Fall kühler als am Telefon. Und ja, zugegebenermaßen auch ein bissl arrogant. Er ist halt so das Gegenteil von einem Dauerlächler, schaut unverschämt gut aus (er modelt) und lässt sich nicht gern in die Karten schauen. Also definitiv kein Typ, dem man ans Bein pinkelt (nicht, dass ich das vorgehabt hätte lel).
Nach unserer eher sterilen Erstbegegnung trafen wir uns ein paar Tage später das erste Mal bei ihm im Studio in Brunn am Gebirge. Ein FETTES Studio. Mit allem, was das Produzentenherz begehrt. You name it, he has it. „Andere haben eine Eigentumswohnung. Ich hab halt ein Studio.“ Nicht schlecht. Und unsere Session war richtig mega! Ich glaube ich war 7 Stunden bei ihm, und wir haben einen kompletten Song recorded und produziert. („Needy“ – coming out soon!) Ich so zu ihm: „He du bist viel weniger arrogant, als man das auf den ersten Eindruck von dir denkt.“ Er darauf völlig gechillt: „Jaja, das hör ich immer.“ Haha.
Max ist überhaupt sehr offen und direkt („Wenn ich mich schon so alt fühle, wie alt musst du dich dann überhaupt fühlen?!!“), und hat teilweise sehr unkonventionelle Ansichten, die ich aber mitunter feiere, wie z.B. dass Tinder eigentlich eine „Musikpromo-App“ ist. (Aja, richtig…)
Wir haben jedenfalls in der kurzen Zeit jetzt echt schon Etliches aufgenommen, ziemlich viel gebastelt, getüftelt, Musik gehört, geplaudert. Ich schätze ihn total für die Leidenschaft und Begeisterung, mit der er an alle seine Projekte und Kollaborationen herangeht. „He, magst mein neues Projekt hören?“ fragt er mich eigentlich jedes Mal, wenn ich zu ihm komme. Und dann hören wir uns die Sachen durch, an denen er aktuell dran ist. Er ist ein Meister des Sounds, der sein Handwerk wirklich versteht.
Was den Max gewissermaßen ausmacht, ist, dass er wirklich mit den unterschiedlichsten Künstlern zusammenarbeitet, und zwar ungeachtet ihrer musikalischen Stilrichtung, Herkunft, Persönlichkeit, Erfahrung. („Weißt du, ich sag immer – für mich ist das ‚One Love‘.“)
Seine eigenen Projekte sind im Bereich DnB, Techno und House angesiedelt. Er ist Teil der Black Market Eventreihe, die u.a. „Freie Luft“ (Open Air mit Rave, DnB, Hip Hop) veranstaltet, und hat „Medium Raw“ gegründet – eine Underground Eventreihe, die Deephouse und Techno featured.
Gestern hat er trotz durchzechter Partynacht ganz spontan in meinem neuen Musikvideo mitgespielt (mit 26 geht das noch haha), was ich ihm hoch anrechne. One love. Ein super Typ, der Max.
Wie bist du zum Produzieren gekommen?
Ich bin zum Produzieren gekommen, da ich mit 14 zum Auflegen begonnen hab, dann 2 Jahre lang im Club mein Unwesen getrieben hab und nach 2 Jahren beschlossen hab, dass es mir nicht genug ist, Tracks von anderen Produzenten zu spielen, sondern ich selbst was kreieren und schaffen möchte, das dann auch im Club wiedergeben, und die Leute mit meinen Sounds berühren und beeinflussen möchte.
Welche Produzenten bewunderst du und wieso?
Wenn ich jetzt jeden Produzenten, den ich bewundere, hier namentlich erwähne und dann auch noch erkläre wieso, sitzen wir höchstwahrscheinlich 2 Wochen hier… (lacht)
Genau, ich weiß. Dann nenn mir die Top 3!
Die Top 3….würde ich sagen: Ricardo Villalobos – aus dem Grund, dass er mit seinen letzten 3 Alben den elektronischen Markt meines Erachtens etwas revolutioniert hat, indem er klassische Aufnahmen von einem Orchester durch analoge Synthesizer durchjagt quasi, das als Input nimmt, und die besten Sequenzen, die daraus entstehen […], aufnimmt und dann in seinem Album als Themen verwendet. Sprich, völlig zweckentfremdet – digital-analoge Produktion gemischt. Und das, würde ich sagen, ist revolutionär.
Dann würde ich sagen, Nummer 2 im digitalen Zeitalter ist Flume, der aus seinen LFOs, seinen Pads, seinen Vocal Chops ein eigenes Genre kreiert hat, und das in einem Alter von 19.
Und Deadmau5. Auch [weil er] mit seinem Skill, mit seinem Know-How, mit Synthesizern zu arbeiten, Geschichte geschrieben hat. Man kann das studieren – die Masterclass by Deadmau5 – Synthesizer Build-Up und Sonstiges. Und ich würd’ sagen – das kommt ja nicht von ungefähr, wenn Leute wissen wollen, wie du zu diesem Sound gekommen bist [und] du mittlerweile viel Geld verdienst mit der Lesson.
Wann ist für dich eine Produktion eine gute Produktion?
Eine sehr schwierige Frage. Eine gute Produktion beginnt natürlich bei der Basis – der Melodie, der Stimme, der Idee, und endet bei: Wie interpretiere ich sie, wie viel Liebe zum Detail setz’ ich ein, wie viel Skill (klingt jetzt auch blöd), wie viel Geld, wie viel Ressource ist da dahinter. Was hab ich zur Verfügung gehabt, um damit zu arbeiten, also sprich, du kannst in der jetzigen Zeit mit einem Laptop und den einfachsten Mitteln einen Welthit schreiben, aber um ihn dann dort zu platzieren – in der Qualität, dass es ein wirklicher Welthit wird – gehört dann doch noch einiges dazwischen. So wie: riesengroße Studios, die so viel Geld kosten, wie manche Menschen nicht in ihrem Leben verdienen. […]
Hast du dir alles selber beigebracht?
Ja. Begonnen mit „ich probier’s“ und dann natürlich wo die ersten Fragen aufgekommen sind, dann schon spezifisches Wissen angeeignet, wie Studiengänge gemacht oder was auch immer, aber das Grundkonzept ist „click & drop“.
Wie lange würdest du sagen hat das gedauert bis du gute Produktionen selber machen konntest?
Ich schätze mal drei bis vier Jahre habe ich gebraucht.
Du bist ja jemand, der wirklich mit jedem kooperiert. Warum sollten mehr Musiker miteinander kollaborieren?
Weil ich denke, dass man voneinander lernen kann. Jeder Musiker hat eine andere Herangehensweise, ein anderes Feeling, ein anderes Know-How, und wenn du dieses dir aneignest, kannst du nur wachsen – egal welche Richtung oder welches Instrument. […] Mein ältester Kollaborationspartner ist 73 Jahre alt und spielt Geige. Der jüngste Vokalist, mit dem ich zusammenarbeite, ist 15 Jahre alt. Also wir haben da eine großgesteckte Range.
Nach welchen Kriterien entscheidest du, ob du mit wem kollaborierst oder nicht?
Ich würde sagen, nach einem ersten Kennenlernen kommt das eh ganz schnell raus, ob man miteinander harmoniert oder ob das Sinn ergibt oder nicht. Man trifft sich, setzt sich zusammen, plaudert ein bisschen, hört ein bisschen Musik, schaut, was der eine macht, schaut, was der andere macht, probiert das ein oder andere aus und nach kürzester Zeit wird man eh seh’n, ob es fruchtet oder nicht.
Wie vergrößerst du deine Reichweite auf Instagram?
Das ist auch so ein nettes „Nebengeschäft“: Wenn du mit sehr vielen Leuten zusammenarbeitest, sehr viele Leute dich erwähnen – eben weil sie in deinem Track singen, Gitarre spielen, was auch immer – du erweiterst deinen Kreis jedes Mal. Mit jedem Featuring kommen neue Leute auf dich, hören neue Leute, was du tust. Und desto offener du da rausgehst – mit Video, Fotografen, Marken, Firmen, Produkten, Sängern – mit allen möglichen Leuten einfach [zusammenarbeitest] – ein Gespräch kostet ja niemandem was, und nach kürzester Zeit kann man größere Kreise schlagen, als man sich’s erträumt hat.
Also würdest du sagen, für dich ist Instagram eine wichtige Plattform?
Sehr wichtig! Im 21.Jahrhundert glaube ich eine der wichtigsten Plattformen. Ich würde Facebook als den Reisepass des Internets bezeichnen mittlerweile. Das ist die Seite, einfach nur dass man sich kein Passwort merken muss und überall verlinkt ist. Zweckdienlich, aber outgesourct.
Und ergeben sich deine work relationships meistens über Instagram?
Das kann man nicht verallgemeinern. Ja, auch einige. Aber k.A. – auch [durch] Mundpropaganda – einfach wenn man Leute trifft, wenn man mit anderen Studios, anderen Leuten zusammenarbeitet, spricht man miteinander. [Aber] ich würde schon sagen – 50% meiner Partnerschaften sind über Instagram.
Was war das beste Erlebnis deines bisherigen Musikerlebens?
Ich würde sagen, das erste Live Konzert zu geben mit [meiner] EP, also sprich, nur [mein] Produkt vorzustellen mit einem Sänger – das wir vor 2 Jahren realisiert haben, in der Pyramide Vösendorf, vor knapp 4000 Leuten. Das war ein sehr schönes Erlebnis, oder ein beeindruckendes. Und da ich ja schon seit knapp 8-9 Jahren auflege, würde ich sagen, die größten Gigs so auf der Donauinsel – wenn man halt die komplette Donauinsel vor sich voll hat, und seine 5 Stunden-Sets spielt und am Schluss standing ovations kriegt, ist das halt schon der Moment als Musiker, für den man lebt.
Was möchtest du musikalisch noch erreichen?
Da gibt es auch so viel, wo man einiges ausführen [könnte]… Im Grunde genommen stecke ich meine Ziele immer sehr hoch. Ich würde gerne einen Film vertonen und eventuell damit einen etwaigen Preis ergattern. Oder eine orchestrale Aufführung produzieren oder schreiben. Oder einen meiner Tracks orchestral aufführen lassen. Sowas in der Größenordnung. Das sind meine Ziele. (lacht)
Welchen Stellenwert hat Geld in deinem Leben und deiner Arbeit?
Im Grunde genommen habe ich mit der Musik begonnen nicht des Geldes willen, aber es geht im Endeffekt darum – wenn du’s weiter verfolgen willst und ein Ziel vor Augen hast, musst du Geld damit verdienen. Also im Grunde sag ich – jeder der sagt, er macht keine Musik für Geld, mocht’s halt ned lang. (lacht)
Oder daheim.
Richtig. Oder daheim für sich. Das Problem ist halt nur, wenn du davon leben willst, und damit deine Rechnungen zahlen willst, musst du deinen Wert kennen und kannst halt irgendwann dann nicht mehr alles für lau machen – was in den ersten Jahren deines Musiker-/Produzentenlebens halt natürlich Alltag ist. Dass du dir einen Namen machen musst, mit Leuten kollaborieren – was auch immer. Aber irgendwann musst du dich dann halt distanzieren und musst klar wissen, wie viel Zeit hab’ ich für mein Produkt, wie viel Zeit steck’ ich in andere Sachen, was zahlt meine Rechnungen.
[Fazit:] Ich würde sagen – nicht wichtiger oder unwichtiger als anderen Menschen, aber ich möchte gerne meine Rechnungen zahlen, und über die Runden kommen, meine Ziele verfolgen können.
Aber in Wirklichkeit spürt man bei dir schon immer die Leidenschaft an erster Stelle.
Absolut, ja.
Ohne dem wird’s vermutlich auch nicht soweit kommen, dass man dann Geld damit verdient, oder?
Ich würde sagen, um das Musikerleben umzusetzen, muss man gesellschaftlich meistens aus der Norm raustanzen, weil zu 90% sagen dir die Leute: „Moch wos Gscheids, mei Bua!“ (lacht) Und im Endeffekt sag’ ich mal, „was Gescheites“… -Wenn’s mich ernährt und mir Spaß macht und meine Leidenschaft ist, ist das „was Gescheites“.
Hast du jemals überlegt, was anderes zu machen, oder war immer klar, du machst Musik?
Natürlich hab’ ich mal über andere Jobs nachgedacht, da ich Koch/Kellner gelernt habe und Event-Management studiert habe. […] Es spielt das eine zum anderen- wenn man DJ ist, der Events macht, steht einem das ja aber nicht im Weg.
Bist du lieber DJ oder lieber Produzent?
Ich liebe es, live zu performen, und es ist, würde ich sagen, auch eine meiner Stärken. Aber andererseits ist [in] mir durchs Produzieren das Gefühl [entstanden], seine eigenen Tracks halt zu spielen, und damit noch mehr erreichen zu können, weil man selbst quasi einen Sound hat, den kein anderer DJ nachlegen kann. Du spielst unreleaste Nummern, die keiner hat, die keiner kennt. Du kannst einfach deinen Wert steigern. Und so spielt für mich […] alles zusammen. […] Ich würde sagen, Produzenten sind meistens auch die besseren DJs. Das heißt mein DJ-Wesen ist nur noch stärker geworden durchs Produzieren.
Was ist das schönste Kompliment, das man dir machen kann?
Das ist jetzt die Frage, wer mir das Kompliment macht. […]
Ok sagen wir ein guter Freund!
Das beste Kompliment, was man mir machen kann… Das ist wirklich eine sehr, sehr schwierige Frage. (lacht) Aaaaahm. Hm. Ich würde sagen, wenn ich beim Sport mit einem Freund bin, kann er mir ein Kompliment machen, wenn er mir sagt, dass er sieht, dass was weitergeht – das funktioniert. Wenn es in der Arbeit ist, könnt mir jemand für meine Arbeit ein Kompliment machen… – also es gibt für mich kein bestes Kompliment, das ist situationsbedingt. […] Also kann ich nur zurückwerfen. Gibt für mich keine allgemeine Antwort.
Wo siehst du dich in 10 Jahren?
In 10 Jahren… da bin ich verdammt alt! Oder nein, wir Männer reifen ja nur – wie guter Wein, hab’ ich mir schon sagen lassen. (lacht) Also demnach… Wo seh ich mich in 10 Jahren? Hoffentlich erfolgreich in der Musikwelt etabliert mit meinen neuen Bandprojekten, die jetzt auf euch zukommen werden. Und ansonsten gesund und weiter meinem Traum hinterher.
In Österreich?
Das glaube ich nicht.
Was wäre die Alternative?
Ich bin sehr offen, aber prinzipiell glaube ich, Österreich ist nicht unbedingt the right place to be für [meine] Musik.
Warum nicht?
Weil’s ein sehr kleines Land ist und auch – würd ich behaupten – in der Musikbranche nicht sehr breit aufgestellt ist, und demnach glaube ich, dass die Clubwelt – also die elektronische Szene, in der mein Sound gefragt ist – in Berlin, in US, Australien einen ganz anderen Markt anstreben könnte/kann.
D.h. du könntest dir auch vorstellen, dass du hier die Zelte abreißt und dich in absehbarer Zeit schleichst?
Absolut, absolut.
Cool. Irgendwas, was du noch sagen möchtest, oder was ich vergessen habe, zu fragen?
Nein (?) Ich denk’ immer noch übers Kompliment nach… (lacht)
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