Ich bin heute mal so random wie eine Instastory. Weil ich irgendwie so voll bin mit Eindrücken, aber mir derzeit irgendwie schwer tue, einen Gedanken zu Ende zu denken. Voll zeitgeistig, eigentlich. Und bevor ich mit Verstopfung im Kreis geh’, hau’ ich jetzt mal alles raus, was ich mir denke, und überlege mir erst nachher, ob das, was ich hier rauskotze überhaupt Sinn macht. (Auch das ist ziemlich analog zur Instastory. Aber wenn’s irgendwer liest, wird’s schon passen.) Vielleicht überlege ich mir aber auch gar nichts. Es geht ja auch in erster Linie nicht um Inhalte, sondern um Ablenkung. Von der eigenen inneren Leere. Okok, so tief wollt’ ich jetzt eigentlich gar nicht abtauchen. Ich rede lieber mal von Britney Spears. 2008 hat die guade Frau die Leute in exakt 2 Kategorien eingeteilt: There’s only two types of people in the world. The ones that entertain, and the ones that observe. Damals war die Welt also noch in Ordnung. Man war entweder ein Unterhalter oder ein Zuschauer. So einfach war das. Es gab auch noch kein Instagram. Und kein Snäpchät. Ok, es gab Facebook. Aber es gab ja noch nicht mal einen like button. Das muss man sich einmal vorstellen. Was haben wir auf Facebook gemacht ohne den like button?! Ich mein’ wir konnten uns mit Status updates mitteilen, das schon. Aber woher wussten wir denn, ob das, was wir machen eigentlich cool ist? Ob wir cool sind?! Gott sei Dank erkannten Zuckerberg & friends diese gnadenlose Lücke im System und stellten uns 2009 das fehlende Daumen-hoch Plug-in zur Verfügung. Ab da konnte man Facebook erst wirklich ernst nehmen. Vier Jahre später (2013) wurden dann die Facebook-Reactions eingeführt. Neben dem Like gab’s ab sofort auch die Möglichkeit, mit Love, Haha, Wow, Sad und Angry Empathie zu zeigen. Yeah! Endlich konnte man angemessen auf den Tod des Haustiers oder die geteilte Äußerung eines verhassten Politikers reagieren. Das erzeugt Nähe. Schade, dass man sich noch nicht virtuell umarmen kann. So richtig, meine ich. Aber naja der Love button kommt eh schon relativ gut hin. Jedenfalls mega, dass Facebook nicht auf die Idee gekommen ist, einen konkreten „Dislike“-button anzubieten. Da hätten wir nämlich wirklich stark sein müssen… Phu…
Aber was rede ich eigentlich noch von Facebook, dem sterbenden Social Media Schwan, dem Nokia 3210 unter den Smartphones. Da geht nimmer viel. Zum Glück hat Facebook rechtzeitig Instagram gekauft. Als kleine Pensionsvorsorge, sozusagen. Und auf Instagram, da kann man jetzt richtig fame sein. Nämlich JEDER. Da wirst du gesehen. Alles was man dafür braucht, sind gute Fotos und Instastories. Wichtig ist, so viele Followers (Abonnenten) wie möglich für sich zu gewinnen, dabei aber seine eigenen Abonnements verhältnismäßig niedrig zu halten (follow-unfollow4L), und natürlich haufenweise Likes und positive Kommentare für seine Posts abzustauben.
Wenn man’s richtig macht, kann man mit Instagram auch wirklich Kohle verdienen. Eine sehr liebe ehemalige Arbeitskollegin aus meiner Vapiano-Zeit (ja, ich hab da mal 3 Monate gehackelt…let’s not talk about it…) ist als irinahp unfassbar erfolgreich auf IG vertreten. Sie hat 246k Abonnenten (Stand Sep18), und ihr Account ist ein bisschen wie ein Museum. Superschön kuratiert, und in jedem Bild gibt’s was zu entdecken – meistens das beworbene Produkt, das wie zufällig mit ins Bild durfte. Dezent und natürlich. So macht man 2k18 Werbung. Und somit ist man nicht nur Instagrammer, sondern auch Influencer. Klingt wie ein Traumjob.
Dass „Influencer“ mittlerweile tatsächlich eine gängige Berufsbezeichnung ist und nicht nur ein geflügeltes Wort, wurde mir erstmals heuer im Juli auf meinem Pressetrip für Vanguard Voyager bewusst. Da traf ich am Bahnhof in Ostrava Anna Linares aka bannanitas, eine 21-jährige Spanierin, die auf meine Frage, für welches Medium sie schreibt, antwortete: „I’m an influencer.“ Und ich innerlich so: Oh wow… That’s an actual JOB now… Sie war mit ihrem (mittlerweile Ex-)Freund (ein DJ aus Marbella) mit von der Partie, und dass das Ganze in der Tat Arbeit ist, wurde mir in den vier gemeinsamen Tagen ungefiltert klar. Ohne Handy ging da nix. Eine Insta-Story jagte die nächste. Vom Guten-Morgen-aus-dem-Bett-Video über das boomerangisierte Mittagessen bis zum gemeinsamen Unterwäsche-Spiegel-Shot vorm Schlafengehen. My life is your life. Und 119k Followers wollen unterhalten werden, das ist klar. Auf meine Frage, ab wie vielen Abonnenten die Firmen mit Kooperationsvorschlägen an sie herangetreten sind, meinte sie, „so ab 50.000.“ Say what. An dieser Stelle möchte ich mich bei meinen derzeit 268 IG-Abonnenten bedanken, die mich auf dieser weiten Reise begleiten. Ich danke euch, ihr seid die Besten! Wenn mir Nivea dann das erste Mal für das Posten eines Fotos einen halben Monatslohn überweist, schmeiß’ ich ne fette Party. Ich mein’ ich bin zwar eher der Dove-Typ, aber wurscht – Hauptsache #vegan! Apropos vegan – Ich hatte jetzt mal temporär in der Bio meines Tinderprofils „Fleischesser“ drinnen steh’n. Hatte ich gleich viel weniger Matches. Daher bin ich jetzt wieder auf Auberginen-Emojis umgestiegen. Vegan zieht einfach mehr.
Egal, zurück zu Instagram: JP Sears hat Mitte August ein geniales YouTube-Video mit dem Titel “How to get Instagram famous“ ( https://www.youtube.com/watch?v=35mQ29Cj-og ) veröffentlicht, das ich jedem wärmstens ans Herz lege, der die eigene Fame-Strategie optimieren möchte. In diesem Video sagt er so Dinge wie: “The purpose of instagram stories is to chronicle your mundane life in a way that’s exciting and accurately portrays the truth in a fictional enough way to make you seem more interesting than you actually are.“ Ich find’s herrlich! Womit wir übrigens wieder bei Britney Spears wären. Die müsste 2018 glatt ihre Lyrics umschreiben. Denn: Dank Instagram ist jetzt plötzlich jeder ein Entertainer. Da ist nix mehr mit 2 kinds of people. Da ist nur mehr 1 kind of people: Ein Hybrid aus Entertainer und Observer. Und ich muss sagen, die meisten nehmen ihre Entertainment-Funktion sehr ernst. Da wird dann jeder Schritt des Tages dokumentiert für Instagram, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Ich kenne etliche Leute, die ihre Füße filmen, während sie auf einer hundsnormalen Straße gehen. Ähm. Ja. Interesting. (In solchen Momenten wünsche ich mir immer, Michael Jackson wäre noch am Leben…) Ganz generell ist die signal-to-noise-ratio in Instagram Stories ziiiiemlich low. Zum Glück gibt’s auf YouTube eine Myriade von Tutorials, die einem zeigen, wie man gute Instagram Stories macht. Ich hab mir mal das 20-minütige Tutorial von einer Typin namens Katherout angeschaut ( http://www.youtube.com/watch?v=Ymc2aYdRPWQ ). Aber wenn man ihre Tipps beherzigt, braucht man für 1 Instagram Story so ca. einen halben Tag. Also effizient ist was anderes. Und ich frag mich ja wirklich – um was geht’s hier eigentlich? Ich mein’, wie spannend kann ein Foto von meinem Mittagessen werden?!? Und noch viel wichtiger – who cares!?!? Da kann ich „Salami Pizza“ in 10 verschiedenen Farben schreiben und mit 27 GIFs hinterlegen, wird das einfach nicht der Brüller.
Aber ja, Selbstdarstellung schreibt man auf Instagram halt einfach mit 15 Rufzeichen!!!!!!!!!!!!!!! Und nicht nur Selbstdarstellung, sondern auch Selbstobjektifizierung – manifestiert durch das gekonnte Spiegel-Selfie. Wichtig dabei ist, dass man das Handy nonchalant über der Schulter hält und nicht wirklich lacht. Also erlaubt ist alles von dezentem Duckface über leicht geöffnete Lippen bis zu einem angedeuteten Lächeln. Aber halt nix was die Sexyness gefährdet. Hair und Make up natürlich on point, am besten ein Crop Top (darunter Push-up BH), dazu Jeans, Hot Pants oder kurzer Rock. Von der Pose her irgendwas Kurvenunterstreichendes. Oder Streetstylemäßiges. Und jedes dieser Fotos schreit regelrecht nach einem „Bitte sag mir, dass ich schön bin und du mich ficken willst!“ Aber emanzipiert sind wir alle.
Ich hänge derzeit ja relativ oft mit Vertretern der Gen Z ab (alle über 18, keine Sorge!). Neulich fragte mich ein Repräsentant dieser Altersgruppe, ob ich Snapchat kenne. Ich überlegte mir, ob ich für die Antwort mein 3.Gebiss herausnehmen und mit meiner künstlichen Hüfte kreisen sollte…Heast Hawara, ich bin nicht 80, natürlich kenne ich Snapchat! Ich mein’ „kennen“… Ich habe ihm erklärt, dass ich den Mehrwert dieser App nie begriffen – , und mir’s deshalb nie downgeloadet hatte. Er so: „Ach so, na Snapchat ist eh nur für Nudes… also Nacktfotos.“ Und ich so: „Was, NUR?“ Setzt er sich neben mich und zeigt mir sein Snapchat-Profil. Gefühlt 5 Millionen Frauen in der Freundesliste. Erklärt er mir, dass viele ihm halt regelmäßig irgendwelche Nudes schicken. Ich so: „Was, und die kennst du alle?“ Er so: „Nein, eh nicht.“ Da fühlte ich mich dann doch kurz wie 80. Weil die Vorstellung, dass ich irgendeinem fremden Typen Nacktbilder von mir schicke, einfach so dermaßen befremdlich für mich ist, dass ich’s nur mit 10 Emojis gleichzeitig zum Ausdruck bringen könnte. Und ich frage ihn halt, wie er auf diese Bilder reagiert. Und er so: „Naja, ich schreib halt meistens ‚GEIL‘ mit ein paar Zungen-Emojis.“ Alles klar. Am selben Abend habe ich mir dann auch noch Snapchat downgeloadet. Mittlerweile hab’ ich die App seit 2 Wochen. Bisherige Statistik: 0 Nudes. Und das, obwohl mein Bitmoji fast fescher ist als ich. Tja. Ich muss aber auch dazusagen, dass ich nur 10 Leute in der Freundesliste habe, die ich alle persönlich kenne. Vielleicht sollte ich einfach mal ein paar strangers adden. Oder selber beginnen, Nacktfotos zu verschicken – immerhin ist Reziprozität auf Social Media ein ganz großes Thema.
Vor ein paar Tagen habe ich übrigens gelesen, dass das am häufigst verwendete Emoji der deutschen Männer der See-No-Evil Monkey ist. (Ich finde, das ist irgendwie ein guter letzter Satz.)